Weil ich noch nie am Gardasee war und „Wildschwimmen in Italien“ dort ein paar schöne Badestellen nennt, ist der Garda mein nächstes und letztes Ziel hier an den oberitalienischen Seen. Ich fahre vom Lago d’Iseo aber nicht die Autobahn über Brescia, sondern gebe leichtfertig „Mautstraßen meiden“ ins Navi ein: Irgendwo muss man ja sparen, wenn es schon mit dem Freistehen nicht klappt.
Da habe ich mir aber etwas eingebrockt: In engen, steilen Windungen geht es über rumpelige Straßen voller Schlaglöcher mal wieder hoch in die Berge, quer rüber ans Westufer des Lago di Garda. Steigungen verbrauchen Diesel, der Tank ist fast leer, ich muss also zum ersten Mal in Italien eine Zapfsäule bemühen. Leichter gesagt als getan: Kassierer an den Tanken gibt es hier zu Lande kaum noch, man muss die Transaktion über Automaten abwickeln. Und mit Automaten stehe ich auf Kriegsfuß. Aber es hilft nichts: Die Reserve blinkt und wer weiß, wie viele Haarnadelkurven es noch sind bis Sirmione am Garda. Die Autobahn wäre vielleicht doch die bessere Wahl gewesen…
Zwischen zwei gesichtslosen Örtchen steuere ich voll banger Vorahnungen eine kleine Tankstelle an. Nun muss man ERST die EC-Karte in den Automaten schieben, sonst bekommt man keinen Tropfen. Prompt lehnt die vermaledeite Maschine meine deutsche Bank-Karte ab. Die Kreditkarte will sie auch nicht. Mir bricht der Schweiß aus: Mitten in den Alpen, kaum noch Diesel und nun das! Weiter geht es zur nächsten Tankstelle, genau so einsam und verlassen wie die erste. Ratlos grüble ich: Wie war das? Erst die Karte, dann die PIN, dann die Zapfsäule eingeben, dann zwischen Benzin und Diesel auswählen, aber wie? Und alles auf Italienisch, Hilfe!
In dem Moment springt mein Retter aus seinem Fahrerhaus: Ein Lastwagenfahrer, schon älter, klein und zerknittert, mit vielen Falten um die Augen über seiner Corona-Maske. Er macht gerade Pause auf dieser Tankstelle, hat mein Herumgerätsel beobachtet und eilt herbei, zur Nachhilfe im automatisierten Tanken: EC-Karte rein und PIN eingeben, kommandiert er streng. Die Tanke eben wollte meine nicht, jammere ich radebrechend, der Lasterkapitän winkt ungeduldig ab: Karte rein! Diesmal klappt es, hurra: Der Automat redet auf Italienisch auf mich ein. Nummer der Zapfsäule eingeben, fordert der Kollege – erledigt. Dann: Drücken Sie eins für Benzin oder zwei für Diesel. Gottseidank heißt Diesel auch auf Italienisch „Disel“. Gemacht. Dann Karte raus, tanken und dann die Quittung drucken lassen. Phuuu: Das hat geklappt. Der LKW-Fahrer braust davon, was er sich so denkt, ahne ich, aber egal. Nett, dass er mir geholfen hat!
Mit randvollem Tank fährt es sich doch gleich viel entspannter an den Gardasee. Ich will nach Sirmione, weil es da eine spektakuläre Badestelle an den Grotten des Catull geben soll, ganz am Ende der mehrere Kilometer langen, nur wenige hundert Meter breiten Landzunge am Südufer des Gardasees, auf der Sirmione liegt. Ich suche nicht lange herum, sondern fahre gleich auf den großen Campingplatz am Ortseingang: Der ist Mitte September noch proppenvoll, vor allem mit Wohnmobilen aus Deutschland und Österreich.
Eine Sahneschnitte von Mitarbeiter in weißen Shorts, bestimmt ein Sportstudent, der auch als Surflehrer Erfolge feiert, fordert mich höflich auf: „Please follow me“ und fährt mit einem Golfwägelchen dem Grauwal voraus, um mir meinen Stellplatz zu zeigen. Das hat doch was! Auf anderen Campingplätzen werde ich in den folgenden Wochen noch gefühlte Stunden allein gelassen herumkurven, auf der Suche nach dem Platz Nummer soundso, den man mir an der Rezeption mit Kugelschreiber markiert hat in riesigen, kryptischen, für mich unlesbaren aufgedruckten Lageplänen.
Schnell etwas kochen, dann nehme ich aus Rücksicht auf das alternde Humpel-Hundchen den klimatisierten Bus zum Castell am Ende der Landzunge, statt wie geplant ein Fahrrad auszuleihen. Mit dem Bus (Maulkorbpflicht für den Hund, Mascherina fürs Frauchen) ist man in wenigen Minuten an der Altstadt. Menschenmassen schieben sich durch enge Gassen: Ein Spießrutenlauf, wenn man gerne ein bisschen Seuchen-Abstand um sich hätte.
Aber der Strand Lido di Grotte unterhalb der Ruine einer antiken römischen Villa ist wirklich toll: Flache, helle Felsplatten (Achtung: glitschig!) ragen aus dem klaren Wasser, darauf tummeln sich die Badenden wie Kegelrobben.
Ein schmaler, steiniger Pfad führt durchs Wasser am Ufer entlang zu einem kleinen Strandbad namens Jamaica Beach. Nomen est omen: Hier kann man sich eine Liege mieten und zu sanften Latinoklängen einen kühlen Drink schlürfen: Karibik- Feeling! Für den Fellkollegen gibt es ein Schlummerplätzchen im Schatten. Das nebenan ein riesiger Schäferhund drohend zu ihm herüberstarrt, ist Kinu nach den Aufregungen des Tages völlig wurscht.
Wunderschön zu lesen Dein Blog. Er macht Lust auf mehr und natürlich auf die ober-
italienischen Seeen, die bei uns immer noch auf dem Plan stehen. In Anbetracht unserers neuen Hobbys, dem Stand-up paddeln, sind sie sicherlich auf dem Plan wieder päsenter geworden. Uns schrecken nur immer die Menschenmassen ab. Was wäre Dein Tip, wenn man es eher ruhig mag ?
LG Carmen
Liebe Carmen, danke für die Blumen! Mein Tipp wäre der Lago d’Iseo im Mai oder September, Juni geht wahrscheinlich auch noch. Eine kleine Ferienwohnung auf Monte Isola und ein Leih-Roller oder Fahrräder. Das Auto könnt Ihr in Sulzano auf dem WoMo-Stellplatz lassen: Er hat auch Wochentarife für PKW. Viel Spaß! Herzliche Grüße aus Pizzo, Vanja