Enkhuizen (Enkhäusen ausgesprochen) ist meine letzte Station am Ijsselmeer: Danach geht es über den Houtribdijk-Damm (macht mehr Fahrspaß als der Abschlussdeich, weil man von beiden Seiten aufs Wasser guckt) wieder hinüber auf den Flevopolder und zurück nach Deutschland. Ich werfe auf dem städtischen Campingplatz Anker, auf dem geistig behinderte Menschen arbeiten. Nur an der Rezeption und bei der Buchhaltung haben sie etwas Unterstützung, sonst machen sie alles selbst: Tolles Inklusions-Projekt.

Emkhuizen (knapp 20.000 Einwohner) hat eine lange Geschichte, geprägt von seinem Hafen. Denn Enkhuizen war im 17. Jahrhundert (dem „Goldenen Zeitalter“) ein wichtiger Fischereihafen und eine bedeutende Handelsstadt der Niederländischen Ostindien-Kompanie (gegründet 1602, avancierte bis 1800 zu einem der größten Handelsunternehmen weltweit).




Diese Vergangenheit ist bis heute sichtbar: Alte Lagerhäuser und Speicher, die neuerdings schicke Loftwohnungen beherbergen, reich verzierte Fassaden und Giebel, liebevoll gepflegte historische Handelsschiffe im Hafen. Es hat weniger Grachten als Altmaark, ist darum auch weniger schlumpfig und touristisch. Der Fischerei- wurde zum Yachthafen umgebaut, historische Lastschiffe schippern im Sommer Touristen über das Ijsselmeer. Manche leben auf Hausbooten auf dem Hauptkanal – eines davon steht auch gerade zum Verkauf.


Wahrzeichen von Enkhuizen ist das doppeltürmige Drommedaris, ein markantes Stadttor aus dem Jahr 1540. Mit seinen dicken Mauern und Schießscharten diente es lange Zeit als Wehrtor und schützte den Eingang des Hafens. Das Drommedaris wurde aber auch Wachkaserne und Gefängnis genutzt. Schon seit den 1950er Jahren ist es Kulturzentrum, mit Kino und Theater, Veranstaltungen, Konzerten und einem gemütlichen Café. Besonders lauschig am Abend, wenn es stimmungsvoll angestrahlt wird.

Das Zentrum der kleinen Stadt wird dagegen von der Westerkerk beherrscht. Die mächtige Kirche mit ihrer schlichten Backsteinfassade stammt aus dem frühen 16. Jahrhundert. Das Gotteshaus zählt zu den größten spätgotischen Kirchen Nordhollands.

Die Zuiderkerk ist aber auch prächtig und bietet ebenfalls eine tolle Akustik:



Das große Freilichtmuseum habe ich nicht besucht: Nachdem ich lange Glück mit dem Mai-Wetter hatte, herrschen heute starker Wind und immer wieder Regen. Im Zuiderzeemuseum, das eines der Beeindruckendsten des Landes sein soll, könnte man sich mit Hilfe der 140 originalgetreu wieder aufgebauten Gebäude, die einganzes Dorf bilden, in die Vergangenheit vor 100 Jahren versetzen lassen: Alte Handwerkskünste werden lebendig präsentiert, Kinder können Brot backen, ihre Eltern sich im Seilknüpfen üben. Im Innenbau wird die Geschichte der Zuiderzee erzählt, und die der Menschen, die an ihren Ufern gelebt haben. In einer Fischräucherei gibt es lecker Räucherfisch.

Im Zentrum lockt auch das Buddelschiff-Museum – aber ich muss heute auch noch arbeiten.

Enkhuizen heute hat eine gar nicht so kleine Fußgängerzone zu bieten und viele Boutiquen und Antiquitätenläden in den engen Gassen: Die Niederlande sind wahrlich ein Einkaufsparadies.


Nur Windowshopping macht auch Spaß, weil nicht die immergleichen Ketten-Filialen langweilen, die viele deutsche Innenstädte so austauschbar machen. Mir gefällt die lebendige, entspannte Atmosphäre hier in Enkhuizen: Ein schönes Ziel am Ijsselmeer.
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