Funkstille seit Jahresbeginn – aus Gründen. Erst wurde ich von einem GAU ausgebremst, dann sorgte das Virus für geschlossene Grenzen.
06. Januar 2020: Eigentlich wollte ich an diesem Montag in Frankreich ankommen. Stattdessen bin in Bad Nauheim gestrandet, auf dem Parkplatz des Wellenschwimmbades, der auch als Stellplatz dient. Die Dusche morgen früh ist also gesichert. Gut, denn ich kann das Wassersystem im Wohnmobil nicht nutzen und pütschere mit einem Kanister herum. Ich sitze gemütlich auf dem umgedrehten Fahrersitz, der Hund schnarcht auf dem Beifahrersitz. Ich höre im kleinen DAB-Radio Opern bei BR-Klassik, schlürfe Tee, der Router sorgt für Internet, die Dieselheizung brummt brav vor sich hin. Alles gut soweit, bis auf die Sache mit dem Wasser….
Aber der Reihe nach: Ich wollte am Samstag, 04. Januar, in Caputh losfahren. Beim Packen für die bis Ende April geplante Reise nach Teneriffa, El Hierro und Frankreich hatte sich der VANTourer als Raumwunder erwiesen: Waschkörbeweise stopfte ich Klamotten und Zeugs in die Schränke und sie wurden nicht voll. Bruder und Neffen hatten den Wassertank gefüllt, zum ersten Mal, seitdem ich „Libertu“ Ende Oktober 2019 übernommen hatte. Wegen der Frostnächte hatte ich das Wasser abgelassen und auch den Boiler der Dieselheizung geleert.
Kurz vor der geplanten Abfahrt wollte ich ebenjenen Boiler wieder füllen, damit ich abends auf dem Parkplatz der Wartburg bei Eisenach heißes Wasser habe. Dort wollte ich nämlich übernachten, den Tipp hatte ich aus „Park4Night“: Einer Camping-App, die auch inoffizielle Stellplätze der Community sammelt.
Also Wasserpumpe an und die beiden Hähne in „Bad“ und „Küche“ auf. Das Wasser kam auch, kalt und heiß, alles gut. Dachte ich. Bis ich um „Libertu“ herum lief, um sicher zu gehen, dass das Ventil vom Abwassertank geschlossen ist. Doch Schreck: Unter dem Bauch des Vans plätscherte es munter, obwohl das Ventil zu war.
Mittlerweile war es Samstagnachmittag, kein VANTourer-Händler zu erreichen, alle Werkstätten zu. Also habe ich das Problem auf Facebook gepostet, da bin ich in diversen Camper-Gruppen. Bei allen Vorbehalten gegen diese Datensammelkrake: Binnen Minuten kamen an die 40 Kommentare: Frostwächter nicht richtig geschlossen, Abwasserhahn nicht richtig zu usw usf… Beide waren aber definitiv geschlossen, das Wasser lief trotzdem. Besonders engagiert war ein erfahrener Camper namens Jörg, der aber schließlich auch die Waffen strecken musste: Aus der Ferne könne er sich keinen Reim auf die Wasserströme machen. Er riet mir los zu fahren und entlang der Route nach Süden eine VANTourer-Werkstatt zu suchen. Das habe ich dann am Sonntagmorgen auch gemacht.
Google fand u.a. einen VANTourer-Händler mit großer Werkstatt im hessischen Friedberg: Bingo, an Frankfurt/Main wollte ich eh vorbei. Und dann über Saarbrücken, Luxemburg, Verdun und Tours nach Bordeaux und weiter über San Sebastian nach Spanien.
Also startete ich an einem eisigen aber sonnigen Sonntagmorgen zu meiner großen Tour: An Leipzig vorbei, Jena, Erfurt (neben der Autobahn grüßte das Burgenensemble der „Drei Gleichen“), Weimar, am Hainich entlang über die Hügel Thüringens. Dann hinein nach Hessen, Nieselregen setzte ein, es wurde immer nebliger, immer gebirgiger, für Brandenburger Verhältnisse geradezu alpenartig (was ist das, frage ich mich, die Rhön?). Es ging rauf und runter, gab Stau bei Bad Hersfeld, eine schlimme Baustelle im Kirchheimer Dreieck, Nebelsuppe, man konnte kaum 100 Meter weit sehen.
Ich bin dann mitten in der Baustelle auf eine Raststätte und habe wie verabredet Jörg angerufen, den Engagierten aus der Facebook-Gruppe. Denn wie es der Zufall will, wohnen Jörg und seine Frau Anke keine zehn Kilometer von der VANTourer-Werkstatt in Friedberg entfernt. Jörg hatte netterweise angeboten, sich das Wasserproblem am Sonntagabend schon mal anzugucken. Vor seiner Haustür angekommen war es schon dunkel. Trotzdem setzte Jörg den Grauwal gekonnt rückwärts in seine schmale Einfahrt und kroch im kalten Nieselregen unter den Van; leuchtete mit der Taschenlampe; füllte Wasser in den Tank; hieß mich die Hähne öffnen; lokalisierte das Übel unter der Sitzbank; baute die Polster ab und fand: Das Überlaufventil am Boiler der Heizung sei kaputt, darum das Ausströmen des Wassers, ein Plastikteil, wenige Euro, keine große Sache.
Ich war sehr erleichtert, wurde eingeladen, in der Einfahrt zu übernachten und zum Lachsnudelessen zu kommen. Das sei Campersolidarität erklärten mir die beiden: Ganz normal. Ich fand es toll und unglaublich gastfreundlich. Zumal ich mir beim Öffnen einer in Plastik eingeschweißten Hundefutterwurst mit einem neuen, rattenscharfen Messer die halbe Fingerkuppe abschnitt und stark blutend am Lachsnudeltisch erschien. Von der Nummer erzählen Anke, Jörg und ihre Kinder wohl noch lange: Vor dem Verzehr der köstlichen Nudeln musste noch die Blutung gestoppt, der Finger desinfiziert und verpflastert werden.
Am nächsten Morgen stand ich kurz nach Öffnung bei der Werkstatt auf der Matte. Dort waren sie sehr nett, obwohl ich den Van nicht bei ihnen gekauft habe und das ein Garantiefall war und sie die Werkstatt natürlich nach all den Feiertagen voll hatten bis unters Dach. Ich hatte auch Glück: Das Ventil war auf Lager, ein Mechaniker machte sich sogleich ans Werk, während mir ein Kaffee dargeboten wurde. Doch dann….
…. kam der Mechaniker wieder rein, mit ernstem Gesicht, hielt mir das Ventil unter die Nase: Das rieche nach Diesel. In meinem Wassersystem sei Diesel gewesen. Wir haben dann die Heckgarage ausgeräumt und am Frischwassertank geschnuppert: Leichter aber unverkennbarer Dieselgeruch, ebenso am Einfüllstutzen – GAU.
Wasser und Diesel sind im Van zwei getrennte Systeme. Es muss also ein Volltrottel von Mieter den Sprit in den Wassertank gefüllt haben. Obwohl der auf der anderen Seite des Vans eingebaut ist und auf dem Deckel auch „Wasser“ draufsteht. Ich muss ehrlich sagen, dass ich mich da etwas vom Schicksal verfolgt fühlte: Sowas passiert selten. Warum mir? Warum??
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