Der Breisgau, köstlicher Wein im Sonnenschein

9. September 2020 | Deutschland, Begegnungen

Einen Tag bleibe ich noch im Schwarzwald: Ich übernachte am Waldrand in Reichenbach, ganz in der Nähe des Hotels Adler, wo köstlich gekocht wird und sich traditionell ein Teil meiner Familie zu Feiern trifft. Abends kommen jede Menge Spaziergänger, Jogger und auch Jäger in Geländewagen vorbei. Alle gucken neugierig, denn ich stehe ziemlich direkt am Wegesrand und weil das Licht im Van an ist, sieht man trotz verdunkelter Scheiben mich drinnen sitzen und am Laptop arbeiten. Aber niemand sagt ein böses Wort, manche wünschen einen schönen Abend.

Am nächsten Morgen noch ein langer Waldspaziergang, immer bergauf und dann wieder bergab, zum Abschied vom Schwarzwald.  Dann einkaufen, zur Post, Geld abheben und noch einmal bei meiner Tante und ihrem Mann vorbei, dann geht es weiter Richtung Freiburg im Breisgau. Weit komme ich an diesem sonnigen Nachmittag aber nicht: Nach knapp 40 Kilometern ist schon wieder Schluss, in Teningen. Dort steht das kleine (2,5 Hektar Reben) Weingut Mößner-Burtsche. https://weingutmoessner.de/

Die Winzer-Familie macht bei „Landvergnügen“ mit und bietet einen zauberhaften Stellplatz auf der Obstwiese.

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Die sympathische Winzerin Eva Burtsche, geborene Mößner, erwartet mich schon und lotst den Grauwal hinter den Hof herum unter die Obstbäume, die reich an Äpfeln tragen. Eva Burtsche ist Technikerin für Weinbau und Kellerwirtschaft. Zusammen mit ihrem Mann Tobias hat sie 2009 den Hof von ihren Eltern übernommen. Der gekühlte Weißwein, den sie mir verkauft, schmeckt köstlich: Erdverbunden und doch elegant.

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Das Weinanbaugebiet liegt genau zwischen Schwarzwald und Kaiserstuhl, die Reben wachsen auf den Vorhügeln des Schwarzwaldes. „In Zeiten des Klimawandels bietet diese natürliche Gegebenheit einen großen Vorteil“, heißt es auf der Homepage des Weingutes: „Durch den Einfluss der Berge und die damit verbundene nächtliche Abkühlung gedeihen Trauben mit feinfruchtiger Aromatik, sowie finessenreichem Säurespiel.“

Am nächsten Morgen erinnere ich mich trotzdem noch an den Tipp von Eva Burtsche, den benachbarten Weinberg wegen der schönen Aussicht zu erklimmen. Tatsächlich türmt sich der Schwarzwald blaudunstig am Horizont auf, am Weinberg schimmern Reihen grüner Reben im Sonnenschein, sehr gerade und ordentlich, wie mit der Schnur gezogen.

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Anfang September ist Lesezeit: Nachbarn und Kollegen der Winzerfamilie Mößner-Burtsche ernten hier gerade ihre Trauben und schenken mir großzügig eine große Rispe, kleiner, dunkelblauer, zuckersüßer Trauben. Hier im Süden Baden-Württemberg scheint schon italienische Lebensart zu herrschen. In den Vorgärten wachsen zu meiner Verblüffung Palmen. Kein Wunder: Das Breisgau gehört zu den wärmsten Regionen in Deutschland, mit beneidenswerten 1.800 Stunden Sonnenscheindauer im Jahr. Der Breisgau liegt auch näher an Monaco oder San Marino, als an Berlin.

Weiter geht es nach Freiburg, nach 20 Minuten bin ich schon da und finde auch in einer ruhigen Wohnstraße hinter dem Stadtpark ohne Mühe einen Parkplatz, in den der Van passt. Bei fast 30 Grad zu Fuß durch die Altstadt schlendernd, hier eine Tüte Lakritz kaufend und einen knallroten Milchschäumer, da einen Cappuccino trinkend, fühle ich mich wie im Urlaub. Viel Zeit habe ich aber nicht: Hier in Freiburg gibt es die letzte VANTourer-Werkstatt vor der Grenze und ich habe am Nachmittag einen Termin: Das Fenster in der Schiebetür schließt nicht mehr gut, einer der Aufsteller ist kaputt. Eine Kleinigkeit, nach einer halben Stunde gerichtet.  

Noch schnell den Wassertank an der Werkstatt aufgefüllt, dann auf die A 5 und noch 70 Kilometer nach Süden, bis Weil am Rhein: Die letzte Station unmittelbar vor der Grenze zur Schweiz, auf der anderen Rhein-Seite liegt schon Basel. An einer Tankstelle kaufe ich für teure 40 Euro eine Maut-Vignette für die Schweiz und ihre Autobahnen (und Tunnel). In der Raststätte herrscht verbale Randale, weil ein Autofahrer sich weigert, beim Bezahlen eine Maske zu tragen und so tut, als verstünde er weder Deutsch, noch Französisch, noch Englisch. Depp.

Im hässlichen Industriegebiet von Weil am Rhein kurve ich eine Weile ziellos herum, weil im Van das Internet ausgefallen ist und damit auch meine diversen Stellplatz-Apps. Schwitzend und genervt, weil es ein langer, heißer Tag war und ich Kohldampf schiebe.

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Der letzte Abend in Deutschland

Doch dann finde ich das Laguna Badeland am Wasserwerk: Wegen Corona ist es geschlossen – und auf seinem großen Parkplatz stehen schon ein halbes Dutzend anderer Wohnmobilisten. Zwei Sinti-Familien mit ihren Wohnwagen gesellen sich wenig später noch dazu und schmeißen ihren Strom-Generator an. Mit den Nachbarn, die auch mit einem Kastenwagen unterwegs sind und nach Korsika wollen, diskutiere ich Reisepläne:

Weil so schönes Wetter ist, von Schnee noch weit und breit keine Spur, und weil die Schwarzwald-Hochstraße so viel Spaß gemacht hat, die Aussichten so schön waren, will ich über den Gotthard-Pass über die Alpen nach Italien fahren. Nach einem Abstecher zu den norditalienischen Seen dann in die Lombardei, nach Bergamo, dann in die Toskana und an der West- oder Ostküste runter nach Süden, zum Überwintern nach Sizilien.

Die Sonne sinkt, es ist der 9. September, der letzte Abend in Deutschland. Aufregend.

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