Das Schlaubetal war mein letzter Auftrag in Deutschland. Am ersten September, als der Herbst so langsam Einzug hält, breche ich ein zweites Mal nach Süden auf. Zwar hat Italien seine Grenzen schon vor ein paar Wochen wieder geöffnet, aber Corona hin oder her: Während es mir ja gar nicht warm genug sein kann, ist es für den Hund dort im Juli oder August zu heiß. Vor allem, wenn er mit in einer Blechdose wohnt. Außerdem wartet im Schwarzwald noch ein Familienfest, also auf von Potsdam nach Lahr.
Nicht in einem Rutsch: Die Übernachtung auf dem Parkplatz der Wartburg im thüringischen Eisenach wird langsam eine Tradition. Ebenso der Schlummertrunk im Kaminzimmer des Burghotels.
Danke an Eisenach, für die kostenlosen Toiletten und heißen Duschen am Parkplatz! Die 30 Euro, die mir zwei freundliche junge Polizisten am Ortsausgang abknöpften, wegen der paar Kilometerchen über 50, sehe ich dann mal als Camper-Spende an….
Immer gen Süden geht es, auf der Autobahn durch den Thüringer Wald, über die ehemalige innerdeutsche Grenze nach Bayern, wo ich bislang sehr selten war, und wenn, dann nur in München, weiter Richtung Schweinfurt. Dort weilt nämlich Camper-Kollegin Mandy Raasch gerade auf Heimatbesuch, nach vier Jahren on the road, davon die letzten zwei in Griechenland. Auch ihr hat die Seuche gründlich die Reisepläne durcheinander gewirbelt. Mandy lebt in ihrem VANTourer 600 L und hat mich mit ihrem Blog „MovinGroovin.de“ erst auf den VANTourer gebracht.
Wir treffen uns auf dem Wohnmobilstellplatz in Bergrheinfeld, direkt am Main. Es ist herrliches Spätsommerwetter, Mandy hat auch einen „Vandog“ namens Marco, ein Findling aus Albanien, und so machen wir einen laaaangen Spaziergang am Flussufer entlang.
Eine hübsche Gegend, wären da nicht die beiden weithin sichtbaren, weil fast 150 Meter hohen Kühltürme des Kernkraftwerkes Grafenrheinfeld am anderen Flussufer: Nach der Nuklearkatstrophe von Fukushima 2015 wurde es still gelegt, wie uns ein dunkellockiger Angler erzählt.
Abends sitzen wir im Windschatten von „Libertu“, trinken Weißwein und quatschen über das Leben im Van. Wobei meins ja gerade erst beginnt, Mandy aber schon eine erfahrene Fahrende ist. Sie verdient ihren Lebensunterhalt als Webdesignerin und hat auch diese Homepage gestaltet. Leid ist sie das Leben im Wohnmobil noch nicht: Sie möchte mit niemanden tauschen, sagt Mandy. Die Freiheit wiege jegliche Unbequemlichkeit auf.
Am nächsten Tag trennen sich unsere Wege: Mandy bleibt noch stehen, ich fahre weiter nach Ilvesheim bei Mannheim. Dort wohnt nämlich ein alter Freund meines Vaters, der ebenfalls auf dem Weg nach Lahr zur Familienfeier ist und traditionsgemäß in Ilvesheim Station macht.
Tauberbischofsheim, Heilbronn, Heidelberg: Lauter exotische, nie gesehene Orte stehen auf den Abfahrtschildern, Brandenburg fühlt sich schon sehr weit weg an. In Ilvesheim bin ich ein bisschen zu früh, arbeite zwei Stündchen auf einem großen Parkplatz am Freibad. Mein Vater und sein Freund holen mich am frühen Abend ab, wir gehen lecker essen. Vatern nächtigt dann im Hotel und ich am Rande eines schmalen Sträßchens am Neckarufer. Sehr lauschig und ungestört, das Rauschen der nahen Autobahn wiegt mich in den Schlaf.
Nach Lahr im Schwarzwald ist es dann nur noch ein Katzensprung: Keine 200 Kilometer. Die Sonne strahlt wieder vom blauen Himmel, ich habe es nicht eilig und kenne diese südlichen deutschen Lande so gut wie gar nicht, deshalb beschließe ich, nicht wie geplant Heidelberg anzugucken (nach dem Corona-Gedränge in Husum habe ich keine große Lust auf volle Städte), sondern in Baden-Baden abzufahren auf die Schwarzwald-Hochstraße.
Sie ist in Baden-Baden ein bisschen schwer zu finden (also für mich), aber schraubt sich dann auf das Schönste immer weiter hinauf, durch dunkelgrüne Tannen- und Fichtenwälder, die dem Schwarzwald seinen Namen gaben. Am Mummelsee vorbei, wo sich die Ausflügler am Aussichts-Parkplatz drängen, rauf auf den Kamm in 1.000 Metern Höhe. Mannomann, denke ich, hier geht es ja ganz schön steil rauf – noch nicht ahnend, was mich in Kürze in Italien erwartet.
Die B 500 ist gut ausgebaut, aber man muss wegen der umwerfenden Aussicht trotzdem höllisch aufpassen, dass man nicht in die Ferne schauend von der Straße abkommt und den Abhang runter stürzt. Zumal an diesem sonnigen Freitag jede Menge Motorradfahrer hier unterwegs sind, die ungeduldig und mit jaulenden Motoren an meinem Grauwal vorbei zischen. Dabei bin ich gar nicht so langsam: Mit 160 PS, einer normal breiten Straße und ordentlichen Leitplanken macht Kurvenfahren auch mit dem WoMo Spaß!
Von oben geht es dann ebenso steil wieder runter Richtung Freudenstadt. Schön wars auf der Hochstraße – aber das wahre Abenteuer kommt erst noch: Zum Familien-Treffpunkt in einem Hotel in Reichenbach bei Lahr geht es über schmale und immer schmalere Landsträßchen durch enge und immer noch engere Serpentinen. Vor allem zwischen Bad Peterstal-Griesbach und Oberhammersbach komme ich in meinem Sechs-Meter-Schiff wirklich ins Schwitzen. Grüne Wiesen, Fachwerkhäuser und Geranienkästen nehme ich nur aus dem Augenwinkel wahr, höchste Konzentration ist angesagt. Eine gute Vorübung für die noch schmaleren und steileren Uferstraßen am Comer See, meinem nächsten Ziel.
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