Der Strand von Lezhe und die Probleme Albaniens

24. März 2023 | Balkan Albanien, Begegnungen, Umwelt & Klima

Hinter Tirana folge ich einer gut ausgebauten Straße nach Norden bis zum Strandort Lezhe. Durch eine Hochhaussiedlung mit hunderten zurzeit noch leerstehenden Ferienappartements tuckere ich bis zur Strandpromenade vor, biege nach links ab und fahre entlang des langen Sandstrandes noch ein paar Kilometer wieder zurück nach Süden. Bis ich Marios Strand-Bar „Ledh“ erreiche: Auf dem kleinen sandigen Parkplatz davor stehen ein paar Vans und ein, zwei größere weiße Wohnmobile. Ein buntes Völkchen hat sich hier versammelt.

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Vanlife, Doglife: Viele Camper reisen mit Hund(en), die Verfasserin eingeschlossen

Mario und seine Fischer-Familie haben ein Netz draußen auf dem Meer, das seine Eltern täglich eifrig flicken. Die Familie besitzt ein Boot und diese mit Muschelschmuck und ausrangierten Netzen liebevoll dekorierte kleine Strandbar. Im Sommer gibt es gegrillten Fisch und Lagerfeuer am Strand.  

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Der Stellplatz ist umsonst, wenn man hier einkehrt. Im Moment ist noch Nebensaison, das Restaurant geschlossen, aber man kann sich Getränke aus einem Kühlschrank nehmen, darunter hausgemachten Rosé-Wein. Das Geld wirft man in eine Kasse des Vertrauens. Ein sympathisches Konzept. Theoretisch gibt es auch Toiletten und Strandduschen, aber die brauche ich ja nicht.

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Mario selbst möchte kein Interview geben und über Politik sprechen, aber sein Cousin Zef springt ein. Ihn hatte ich am Tag nach der Ankunft früh am Morgen am Strand getroffen, ich auf der Hunderunde, er beim Spaziergang ohne Hund.

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Liebt sein Land, aber nicht dessen Regierung: Zef Marku

Rund um die Bar ist der Strand aufgeräumt, aber ein paar hundert Meter weiter liegt unglaublich viel Müll herum, ganze Berge, noch viel mehr als in Süd-Italien. Es gibt zwar mehr Deponien und Müllverbrennungsanlagen als früher, aber immer noch bei weitem nicht genug. Viele entsorgen ihren Müll noch in den Flüssen, die dann den ganzen Unrat mit ins Meer nehmen, wo sie münden.

Zef Marku wurde 1997 geboren, als im Wende-Albanien totales Chaos herrschte. Zef kommt aus Mirdita (was auf Albanisch Guten Tag heißt), 100 Kilometer vor der Grenze zum Kosovo. Er sei in der Natur aufgewachsen, in den Bergen, erzählt er. Zef hat eine Zeitlang in Süddeutschland als Dachdecker gearbeitet, darum spricht er ein bisschen Deutsch.

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Auch dieser junge Mann sprach gut Englisch, er wird wohl auch im Ausland leben oder dort gewesen sein

Sein Großvater sei wegen Verbindungen zur Opposition von den Kommunisten umgebracht worden, als sein Vater sechs Jahre alt war, erzählt Zef. Dieser sei danach mit neun Frauen im Haushalt aufgewachsen. Da seine erste Frau keine Kinder bekommen konnte, habe sie Zefs Vater nach 20 Jahren vorgeschlagen, eine andere Frau zu heiraten. Sein Vater sei damals Anfang 50 gewesen, Zefs Mutter 17 oder 18. Die erste Frau, er nennt sie seine Stiefmutter, sei bei der Familie wohnen geblieben, 20 Jahre lang. Die beiden Frauen hätten sich sehr gut verstanden und er habe seine Stiefmutter sehr geliebt.

Zef freut sich, dass seit ein paar Jahren mehr Urlauber aus Westeuropa nach Albanien kommen. Er hilft in der Strandbar seines Cousins aus und kümmert sich auch um Ferienappartements, wenn die im Sommer vermietet sind. Außerdem arbeitet er auf Jahrmärkten und macht ansonsten Gelegenheitsjobs.

„Ich liebe mein Land. Aber hier in Albanien ist alles so teuer geworden und man verdient man so wenig. Es reicht zum Überleben, aber man kann nichts sparen und zur Seite legen, falls man mal krank wird oder so.“ In Albanien seien auch die Ärzte korrupt, erzählt Zef: Kein Geld, keine Behandlung.

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Trotzdem sei er mit seinem Leben zufrieden: Das Land sei schön, man habe das Meer und die Berge mit ihrer frischen Luft. Er liebe seine Großfamilie, lebt mit seinen Brüdern und deren Frauen und Kindern. Zum Heiraten bleibe ihm mit seinen 25 Jahren noch Zeit, meint er. Das lasse er auf sich zukommen. Natürlich möchte er Kinder haben, aber es eilt nicht. Ob er noch einmal nach Deutschland geht, weiß Zef noch nicht. Viele gingen, um ihre Familien zu unterstützen. „Wie alle auf dem Balkan sind wir Albaner sehr familienverbunden.“

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Aussicht auf Besserung?

Auch Zef sieht in den korrupten Politikern das größte Problem seines Landes: „Wenn für drei Millionen eine Straße gebaut werden soll, stecken die sich anderthalb Millionen in die Tasche und die Straße ist dann nach zwei Jahren wieder kaputt.“ Ob Regierungspartei oder Opposition sei egal, meint er. „Die sind alle gleich. Wir haben ein Sprichwort: Der Wolf ändert sein Fell aber niemals seine wahre Natur.“ Die heutigen Machthaber seien alle noch mit dem Hoxha-Regime verbandelt gewesen, sagt Zef. Eine neue Generation müsse ans Ruder kommen, damit es besser wird. Schade nur, dass die jungen Männer und Frauen fast alle im Ausland sind. „Aus dem Kommunismus sind wir raus, da müsste das Land sich doch eigentlich nach vorne entwickeln und nicht zurück.“

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Hoffnung für Albanien? Zef ist jung – und optimistisch

Aber Zef ist optimistisch: „Irgendwann wird es schon.“ Doch Albanien sei gerade dabei, seinen größten Schatz zu zerstören, warnt er: Die unberührte Natur. Überall würden große Hotels gebaut, die brauche niemand. Darum möchte er auch lieber im Land bleiben und zeigen, dass Tourismus auch anders geht, klein und nachhaltig, so wie hier mit der Strand-Bar „Ledh“.

3 Kommentare
  1. Interessant und taufrische Eindrücke als Ergänzung zu den kurzen gelegentlichen Nachrichten!

    Antworten
    • Gern geschehen lieber Simon! LG, Vanja

      Antworten
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