Coworking im Oderbruch

27. August 2020 | Deutschland

Es ist Ende August 2020, zwei Monate bin ich jetzt schon mit „Libertu“ unterwegs – ich müsste dringend mal diesen Blog aktualisieren. Weil ich für einen Auftrag ohnehin so ungefähr in die Richtung muss, steuere ich die „Alte Schule“ in Letschin an. Das Örtchen liegt im Oderbruch: Einem besonders, stillen, besonders flachen Winkel im ohnehin ländlich geprägten Brandenburg. Sanft mäandert der große Grenzfluss hier durch Wiesen, auf dem zum Schutz gegen das berüchtigte Oderhochwasser gebauten Deich lässt es sich herrlich radeln: Immer mit Blick auf den Fluss – und auf das Nachbarland Polen am gegenüberliegenden Ufer.

Das tief gelegene Oderbruch war früher ein sumpfiges Binnendelta: Bis zur Trockenlegung im 18. Jahrhundert schlängelte sich die Oder in mehreren Armen durch die Niederung, überschwemmte sie mehrmals im Jahr mit ihren Hochwassern.

Bis der preußische König Friedrich II. von 1735 an das Gebiet eindeichen und trocken legen ließ. Mehr als 30.000 Hektar fruchtbares Ackerland wurden gewonnen. Friedrich (genau: der mit den Kartoffeln) der Große holte Neusiedler ins Land: Sie wurden gezielt angeworben und strömten aus Hessen-Darmstadt herbei, aus MecklenburgPfalz-ZweibrückenSachsen und Württemberg, aus Niederösterreich und aus der Schweiz. Wirtschaftsflüchtlinge quasi, auf der Suche nach einem besseren Leben. Weswegen im Oderbruch viele Ortsnamen mit Neu… beginnen. Nicht so in Letschin, dafür steht dort ein Denkmal für den Preußenkönig, als Dank für die große Trockenlegung.

https://www.coworking-oderbruch.de/

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Der Van im Hof der „Alten Schule“ Letschin: Frischwasser in den Tank gabs auch.

Und siehe da: Ich darf im Hof der „Alten Schule“ nicht nur parken und übernachten, sondern morgens auch die Dusche nutzen: Brandenburger Gastfreundschaft – immer wieder ungeschlagen. Dazu gibt es im Letschiner Imbiss Granatapfelsoße auf den Döner: Lecker! Der kurdische Inhaber meint, hier im Oderbruch sei das Leben viel besser als in Berlin, denn dort gäbe es zu viele kriminelle Ausländer…

Am nächsten Nachmittag fahre ich weiter nach Neuen(!)dorf an der Oder. Den schönen Buchladen, der auch Antiquariat und Café war, gibt es leider nicht mehr. Der „Kulturhafen“ ruht wegen der Seuche: Wo früher Binnenschiffe gelöscht wurden, wird heute normalerweise im Sommer Theater im Bahnwaggon gespielt, gleich neben dem Verladeturm am Oder-Ufer. In dem Turm und in den alten Bahnwaggons kann man auch übernachten, wie auch im „Maschinenhaus“ gleich nebenan.

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In Neuendorf wird viel geangelt: Wie auch im Nachbarland Polen geht es auf Hechte.

So ruhig und friedlich liegt Neuendorf da, so entspannt wirken die Angler drüben am heute polnischen Ufer, dass man sich kaum vorstellen kann, dass das Dorf im Frühjahr 1945 wochenlang unter Dauerbeschuss stand. Dass die Rote Armee mit Pontons und Behelfsbrücken über die Oder kam, um Berlin zu erobern und dem Nazi-Regime den Garaus zu machen. Dass in der Schlacht um die Seelower Höhen unweit von hier drei Wochen vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges noch 45.000 Soldaten starben. Das Sowjetische Ehrenmal am Ortsrand erinnert daran, wie bedrückend jung viele der gefallenen Soldaten der Roten Armee waren…

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