Ich war ja schon immer eine Büchernärrin und so geht es ein Stückchen ins Landesinnere, nach Coimbra am Rio Mondego. Denn hier, in der ehemaligen Königsresidenz, nahm Portugals älteste Universität ihren Sitz – anno 1307! Coimbras Universität (UNESCO-Weltkulturerbe) ist nicht nur eine der ältesten der Welt, sondern bis heute die angesehenste Uni des Landes. Berühmt ist die prachtvolle barocke Universitätsbibliothek, die will ich sehen!
Wie immer in der Nähe größerer Städte stelle ich mich sicher auf einen Campingplatz. Dieser hier hat viel Grün drum herum, eine Waschmaschine (es ist mal wieder so weit), nebst leistungsfähigem Trockner und nette, holländische Nachbarn. Nach einer Hunderunde über den parkähnlichen Platz falte ich das Klapprad auf, ziehe alle Schrauben an und rolle hinunter ins Zentrum von Coimbra.
Um Camperinnen mit Klapprad zu plagen, hat man die Universität hoch oben auf einen weiteren Hügel gebaut, also heißt es wieder einmal schnaufen und schieben. Über Kopfsteinpflaster, durch sehr enge, verwinkelte Gassen, an Studentenkneipen und kleinen Restaurants und schrulligen Lädchen vorbei.
Es weihnachtet schon sehr…
Bissl renovierungsbedürftig
Reichlich genervt…
Nach einem Stopp bei einer Schokoladenmanufaktur (ich bin ja kein Süßi, aber angesichts dunkler Bio-Schokolade aus Ecuador mit Caramel und Meersalz mache ich eine Ausnahme), erreiche ich so gestärkt nach einer Stunde die Universität.
Hier werkeln die Chemiestudenten
Tickets für die Bibliothek gibt es aber nicht hier, sondern im Touristenbüro ein paar Straßen weiter. Das versucht mir einer der Wachmänner zu verklickern, der aber kein Wort Englisch spricht. Netterweise springt ein junger Mann mit Locken und Bart hinzu und rettet die Situation. Endlich ist das Büro gefunden, das Ticket erworben (Kultur ist günstig hier in Portugal, ich glaube es waren 3 oder 4 Euro), und die Tore zu den heiligen Hallen öffnen sich.
Eingang zur ältesten Universität des Landes
Hier geht es zur Bibliothek
Per QR-Code kann man sich folge de Info herunterladen:
„Mit dem Bau des Bücherhauses (Casa da Livraria) – wie die Bibliothek Joanina zu Anfangs genannt wurde – wurde im Jahr 1717 unter der Herrschaft von D. João V begonnen. Der Bau dauerte 12 Jahre. Die Universität investierte 67 Contos de Reis, was drei Jahreseinkünften der Institution entsprach.
Außen befindet sich das großzügige Portal im Barockstil mit der darüberliegenden Messingumrandung und einer Inschrift auf Latein (Lusiadae, hanc vobis sapientia condidit arcem: dutores libri; miles et arma labor), die besagt, dass Bücher wie Waffen eingesetzt werden sollen, um Weisheit zu erlangen. Um sie herum stehen noch weitere Inschriften, in denen die Bücher und die Wissenschaft gepriesen werden.
Das relativ bescheidene Äußere des Gebäudes steht in starkem Gegensatz zu dem, was im Innern zu bestaunen ist: Das Noble Stockwerk hat drei Säle, die mit Regalen und Balkonen ausgestattet sind, die mit prunkvollen, goldenen Umrandungen und Gemälden auf schwarzem Grund verziert sind. Im ersten Saal rot und im zweiten und dritten grün. Die Kommunikation zwischen den Sälen geschieht über die mit Schilden versehenen Bögen. Die Veredelungen sind aus Holz und so angemalt, dass es den Anschein macht, sie seien aus Marmor. Die zweistöckigen Regale an den Wänden sind aus mehrfarbig vergoldetem Eichenholz. In den Sälen finden sich sechs massive, aus edlen tropischen Hölzern gefertigte Tischplatten.
Die Figuren an den Decken wurden mit Bedacht gewählt und enthalten Botschaften im Zusammenhang mit der universitären Idee, die noch immer aktuell sind.
Auf den drei Stockwerken des Gebäudes werden ca. 60 000 Buchbände aufbewahrt. Darunter findet sich das Beste was in Europa zwischen dem XV. und dem XVIII. auf Papier gedruckt wurde. Mehrheitlich sind diese Bücher in unserem elektronischen Bestand enthalten und werden regelmäßig konsultiert. Im Schnitt werden jährlich ca. 750 Werke aufgerufen. In der Bibliothek ist ein selektives Digitalisierungsverfahren im Gange.
Das ganze Gebäude ist ein wahrer Tresor, der von Grund auf für die Konservierung der Bücher konzipiert wurde. Die äußeren Wände sind 2 Meter und 11 Zentimeter dick. Die Bücher müssen nicht nur vor Feuchtigkeit und Temperaturschwankungen, sondern auch vor Insekten geschützt werden, die sich gerne von Papier ernähren. Aus diesem Grund sind die Regale aus Eichenholz gefertigt, bekannt für seine hohe Dichte, Langlebigkeit und außerdem für den Geruch, der die Insekten abhält.
Seit gut zwei Jahrhunderten wird die Bibliothek von zwei Fledermauskolonien bewohnt, die aktiv zur Schädlingsbekämpfung beitragen. Ihre Anwesenheit erfordert jedoch auch zusätzliche Vorsichtsmaßnahmen: zum Ende eines jeden Tages müssen die Tische mit Lederhäuten bedeckt werden. Diese Vorgehensweise stammt aus Tempeln und Palästen und diente dem Schutz vor den Exkrementen der Tiere.
Wussten Sie schon, dass…
• … im zweiten Saal findet sich die Aufschrift „Cimélios“, was so viel wie Schatz bedeutet und der Ort war, wo die wichtigsten Werke aufbewahrt wurden.
• … einige der Regale leer sind, da die sich normalerweise dort befindlichen Bücher für 21 Tage in einem anoxischen Raum (ohne Sauerstoff) befinden, wodurch Parasiten eliminiert werden, die das Papier beschädigen können.
• … alle sich in der Bibliothek befindlichen Bücher auch heute noch konsultiert werden können. Der Ort von Büchern, die ausgeliehen wurden, ist mit einem weißen Blatt Papier gekennzeichnet. Diese leere Stelle wird scherzhaft als „Geist“ bezeichnet.“
Die Bibliothek hat angeblich Joanne K. Rowling beim Schreiben von „Harry Potter“ als Vorbild für Hogwarts gedient. Rowlings hat ja eine Weile in Portugal gelebt und im nahen Porto als Lehrerin gearbeitet, als sie den ersten Band schrieb (der von sieben oder acht Verlagen abgelehnt wurde). Die bodenlangen schwarzen Umhänge, die manche Studenten noch tragen, haben sie vielleicht auch inspiriert, wer weiß. Leider darf man im Haus der Bücher nicht fotografieren, darum verlinke ich hier den Beitrag eine Blogger-Kollegin, die 2014 in den Genuss einer Privatführung gekommen war:
Biblioteca Joanina – die Schönheit alter Bücher – Burgdame
Neben der Bibliothek kann man hier auch die Universitätskapelle bewundern, die einst die Privatkapelle der portugiesischen Könige war:
Gleich nebenan liegt der ehemalige Königspalast. Im früheren Thronsaal feiern die Studenten von heute ihre Abschlüsse – skeptisch beäugt von den Bildnissen der früheren Könige Portugals und ehemaliger Reaktoren der Universität an der Wand.
Moderne Kantine in histiorischen Gemeäuern
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