Ruinen, Klöster und ein Wallfahrtsort: Kunst und Kultur in Zentralportugal

21. November 2021 | Portugal

Portugal, heute eines der ärmsten Länder der EU, verfügte einst dank der Ausbeutung der Kolonien in Übersee über große Reichtümer. Mit Silber und Gewürzen beladene Schiffe segelten den Tejo hinauf nach Lissabon. Die Folgen des Wohlstandes der Herrschenden: In Portugal könnte man Wochen und Monate nur damit verbringen, UNESCO-Weltkulturerbestätten zu bestaunen. Es wimmelt von Burgen, Schlössern und Klöstern, eines schöner als das andere.

Ich fange ganz vorne an: Mit den antiken Ruinen von Conimbriga. Es sind die größten römischen Ausgrabungsfunde im ganzen Land und sie liegen nur 15 Kilometer südlich von Coimbra, demnach ohnehin auf meiner Route Richtung Algarve. Also nichts wie hin.

Conimbriga war schon in der Eisenzeit bewohnt, 139 v. Chr. eroberten römische Truppen die keltische Siedlung und verleibten sie der Provinz Lusitania ein. Die Stadt erblühte, zur Zeit des Augustus bekam sie öffentliche Thermen mit einem großen Kaltwasser-Pool und Badebecken, ein Forum und eine Stadtmauer.

Unter Constantius’ II. erhielt Conimbriga das Stadtrecht , flugs brach man das augusteische Forum ab und baute ein größeres. Die Ausgräber fanden ein Villenviertel mit reichen Mosaiken und einem zentralen Platz im Norden. Eine der größten Villen war 30.000 Quadratmeter groß und hatte unzählige Zimmer. Andere Reiche leisteten sich plätschernde Brunnenanlagen im Garten und Badezimmer mit fließendem heißen Wasser. Das Wasser wurde durch einen Aquädukt hergeleitet.

Später ging es abwärts: 468 eroberte der germanische Stamm der Sueben die Stadt (Vorfahren der Schwaben, stammten aber ursprünglich von den rauen Gestaden der Ostsee). Conimbriga verlor erst seinen Status als Bischofssitz an Aeminium (Coimbra), fiel dann immer mehr trocken und wurde schließlich im 7./8. Jahrhundert von den Einwohnern verlassen. Weil sie Jahrhunderte lang unter Sand begraben war, ist Conimbriga die am besten erhaltene römische Stadt in Portugal. Erst etwa zehn Prozent sind ausgegraben.

Auf dem von Pinien hübsch umstandenen Parkplatz der Ausgrabungen könnte man vielleicht auch übernachten, aber mir haben Camperkollegen den Stellplatz in Tomar empfohlen: Am Ort eines ehemaligen Campingplatzes, inmitten eines parkähnlichen Geländes am Rio Nabao. Auf einem Hügel über dem Fluss thront ein Kleinod: Die Burg des Ordens der Tempelritter, erbaut ab 1160. Zu ihren Füßen gründeten die frommen Ritter die Stadt, durch die der Nabao bis heute munter plätschert.

Nette Begegnung auf dem Platz vor dem Rathaus: Da wieder einmal ein Hügel zu erklettern ist, stärke ich mich in einer Bar. Zum Kaffee gibt es ein Pastetchen-Angebot: Fünf kleine Teigtaschen zum Sammelpreis. Der Wirt erklärt mir geduldig den jeweiligen Inhalt (u.a. Bacalhao) und kommt dann nach einiger Zeit auf die Terrasse und fragt, ob es denn schmeckt und welches Küchlein mein Favorit sei. Ich finde das so nett und typisch portugiesisch. So gestärkt und herzensgewärmt erklimme ich den Weg zur Burg. Sie wurde im Lauf der Jahrhunderte in verschiedenen Baustilen immer wieder erweitert. Im Inneren birgt sie das Christuskloster. Mit seiner Pracht kündet es bis heute vom damaligen Reichtum der Templer. Falls ein Drehort für ein Sequel oder Prequel oder dergleichen von „Game of Thrones“ gesucht wird: Passt.

Die Kreuzgänge, Innenhöfe, Fassaden und Durchblicke haben mich im goldenen Herbstlicht so fasziniert, dass ich leider einem schlimmen Fotorausch erlegen bin. Da müsste ihr jetzt durch.

Nur eine halbe Stunde westlich von Tomar liegt Fátima, einer der größten Wallfahrtsorte der Welt. Ich bin zwar nicht gläubig, aber solche Sakralstätten interessieren mich. In dem zuvor gänzlich unbedeutenden Agrarstädtchen erschien 1917 angeblich die Muttergottes mehrmals drei Hirtenkindern. Am Ort der von der katholischen Kirche offiziell anerkannten Marien-Erscheinung wurde ein riesiges Heiligtum gebaut.

Vier Millionen Pilger strömen jährlich nach Fátima, darunter auch schon diverse Päpste.

Wer etwas abzubitten hat, rutscht auf Knien über den riesigen Freiplatz zwischen Basilika und Erscheinungskapelle. Er ist doppelt so groß wie der Petersplatz in Rom.

Es geht aber auch bequemer: Fürbitten können auch per Mail an die Muttergottes gerichtet werden, Kontakt unter www.santurio-fatima.pl.

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In der Rosenkranz-Basilika mit ihrem 65 Meter hohen Turm liegen die drei Seherkinder begraben.

Der deutsche Bildhauer Robert Schad schuf das stählerne Christuskreuz.

Obwohl Fátima ist ein seelenloser Ort für mich ist, mit seinem in Beton und Stein gegossenen christlichen Gigantismus, steht Unsere Liebe Frau von Fátima mir bei: Beim Mittagessenkochen auf einem der ebenso riesigen, jetzt verwaisten Parkplätze geht mir das Gas aus. Aber erst NACHDEM die Nudeln gar sind und die Soße immerhin lauwarm ist.

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Das Kloster von Batalha: Gotische Wiege der portugiesischen Nation

Zu guter Letzt führt mich mein Weg zurück an die Küste in Gestalt eines gefälligen Bergsträßchens in sanften Serpentinen an Batalha vorbei: Batalha bedeutet Schlacht, gemeint ist die von Aljubarrota, in der Portugals Heer 1385 die Kastilier aufs Haupt schlug, obwohl diese zahlenmäßig weit überlegen waren. So blieb Portugals Unabhängigkeit vom weit größeren Nachbarn gewahrt. Der himmlische Beistand hatte den Sieg ermöglicht, so glaubte König Joao I. (oder gab vor zu glauben, was wissen wir schon) und stiftete zum Dank das Mosteiro di Santa Maria da Vitória. Es ist eine der größten mittelalterlichen Klosteranlagen des Landes – und natürlich UNESCO-Weltkulturerbe. 1388 übergab der Hof den Bauplatz den Dominikanern. Der Bettelorden profitierte fürderhin von der aus königlicher Schatulle finanzierten gotischen Pracht. 

Wiki: „Kurz vor 1426 begann man mit der Errichtung der „Capela do Fundador“ als Grabkapelle für den Stifter, dessen Gattin und die königlichen Nachkommen. Diese Kapelle war 1434 vollendet, so dass João und seine bereits 1415 verstorbene Gattin Philippa von Lancaster dort beigesetzt werden konnten. Der Doppelsarkophag des Gründerpaares steht in der Mitte des Raumes, während sich die Grabmäler ihrer Nachkommen in den Wandnischen des Umbaus befinden. Ihr bekanntester Sohn ist Dom Henrique o Navegador (Heinrich der Seefahrer).“

Der Königliche Kreuzgang: Im 16. Jahrhundert wurde das feingliedrige Maßwerk in den Arkadenbögen eingefügt. Es ruht auf schlanken Säulen, zeigt Formen von Zweigen und Girlanden und gehört zu den frühesten Beispielen der nach König Manuel I. benannten Manuelinik, einer portugiesischen Sonderform der Spätgotik (unter König Manuel I., einem Nachfahren Joaos I. erlebte Portugal im 16. Jahrhundert eine Blütezeit).

Das farbenprächtige Fenster von 1514 im Kapitelsaal stellt in Form eines Triptychons das Leiden Christi dar. Der Raum dient seit 1921 als nationale Gedenkstätte des unbekannten Soldaten für die portugiesischen Gefallenen des Ersten Weltkrieges.

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