Felsen, Wind und Heidekraut: Spontanverliebt in die Bretagne

8. Oktober 2021 | Frankreich

Unmittelbar westlich vom Mont St. Michel beginnt die wilde Küste der Bretagne. War die Normandie in meinen Augen schön und lukullisch erfreulich mit Cidre, Apfelsaft und diesen köstlichen Karamellbonbons aus der salzigen normannischen Butter, erobert die Bretagne mein Herz im Sturm. Tagelang höre ich bretonische Balladen und sauge Mystik und Melancholie, Lebensfreude und Freiheitsdrang in mich auf, wie andere ein Dutzend Austern.

Nach einer Nacht auf einem Bio-Bauernhof in der Nähe feiere ich die Rückkehr der Herbstsonne im lauschigen Hafenörtchen Port de Dahouet mit einer seltenen Einkehr: Linguine al Mare – schleck!

Weiter geht es an St. Malo und Dinard vorbei die Cote d’Amor (Marmorküste) entlang. Bei Paimpol sehe ich aus den Augenwinkeln eine interessante Ruine und stoppe spontan. Sie entpuppt sich als die Überreste der einst reichen und mächtigen Abtei von Beauport aus dem 12./13. Jahrhundert. Von Paimpol aus fuhren im 19. Und Anfang des 20. Jahrhunderts die Kabeljaufischer bis nach Island und Neufundland. Ich begnüge mich mit einem Spaziergang am Meeresarm. Bis ein plötzliches heftiges Gewitter aufzieht und ich es im Dauerlauf, den unwilligen Hund mit mir zerrend, gerade noch rechtzeitig zum Van zurück schaffe.

Ebenfalls eine Zufallsentdeckung ist das zauberhafte Städtchen Trégurier: Im Vorbeifahren erhasche ich einen Blick auf die Kathedrale oben auf dem Stadthügel und halte spontan am Hafen. Eine Fotoausstellung erinnert hier an den harten Job der Islandfischer; den Hügel hinauf führen schmale Gassen; oben an der prächtigen Kathedrale liegt ein schöner Marktplatz. 

Mein eigentliches Ziel ist aber die Pointe du Chateau an der Cote de Granit Rose. Vor 500 Millionen Jahren erstarrte hier Magma zu bizarren, rosa angehauchten Felsformationen. Auch ich mache ein Foto vom meistabgelichteten Haus Frankreichs, spektakulär eingeklemmt zwischen zwei Felsen.

Noch Wochen lang könnte man diese Küste erkunden, doch es ist mittlerweile schon Anfang Oktober und es wird Zeit, mal langsam in Südeuropa anzukommen. Also fahre ich in einem Rutsch auf der Autobahn (von der aus sich die Schönheit der Bretagne mal so gar nicht erschließt) bis vor die Tore von Brest. Ich übernachte ich mit France Passion zur Abwechslung mal auf einer Kakteenfarm. Als Gegenleistung erwerbe ich ein Aloe-Blatt, dessen Milch ich mir ein paar Tage lang ins Gesicht tupfe. Sei ein Wundermittel, hatte André versprochen, ich sehe aber ehrlich gesagt keinerlei Effekt, tja…

Am nächsten Tag besuche ich in Brest das „Ozeanopolis“: Ein kreisförmig angelegtes Hochseeaquarium und Meeresmuseum: Sehr informativ, auch hier könnte man zwischen den Klimazonen von Arktis bis Tropen ganze Tage verbringen.

Doch der Hund wartet im Wohnmobil und so geht es weiter auf die Halbinsel Crozon. Hier hat die Gemeinde Camaret-sur-Mer inmitten der Heidelandschaft am Rand der Klippen einen Stellplatz eingerichtet – merci bien. 

Am nächsten Tag geht es wieder runter von Crozon und rauf auf den nächsten felsigen Finger: Zur Point du Van. Sonnig und fast einsam ist es hier oben auf der traumschönen Klippe. Wanderwege führen durch die einmalige Landschaft mit ihren atemberaubenden Aussichten über die Steilküste und den blauen Ozean. Doch leider darf man auf dem Parkplatz nicht übernachten. Schade, schade.

An Quimper vorbei düse ich bis in die Nähe von Carnac am Fuße der Halbinsel Quiberon. Nach Übernachtung und Einkauf auf einer Milch- und Käsefarm verbringe ich am nächsten Tag Stunden in den langen Reihen der etwa 3.000 Menhire. Wer hat sie ab 490 v. Chr. aufgestellt und warum? Niemand weiß es…

Mit diesem Geheimnis endet meine Reise durch die Bretagne. Vieles blieb ungesehen, so werde ich wohl zurückkehren müssen in das Amor, das Land am Meer, wie die Bretonen ihre Heimat nennen.

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